Das Unternehmen Schleiff Bauflächentechnik GmbH & Co. KG hat seinen Sitz in Erkelenz. Mit insgesamt 89 Mitarbeitern ist Schleiff spezialisiert auf die Instandhaltung und Instandsetzung von Baukonstruktionen. Der Fokus liegt insbesondere auf Bauwerksabdichtung, Mauerwerkinstandsetzung und Betoninstandsetzung.

Status quo in Sachen Digitalisierung

Bei der Schleiff Bauflächentechnik GmbH & Co. KG wurden erste Schritte zum digitalen Betrieb unternommen. Die Administration, Bauauftragsrechnung beziehungsweise Baumanagement, Projektplanung, Ausschreibung und Vergabe, Angebotserstellung, Arbeitsvorbereitung sowie Abrechnung wurden bereits digitalisiert und auch die Planung von 2D auf 3D umgestellt. Allein diese ersten Maßnahmen haben die interne Zusammenarbeit und die Dokumentation im Unternehmen maßgeblich erleichtert und verbessert. BIM ist allerdings noch nicht eingeführt. Ingo Reifgerste, Ges.-Geschäftsführer, ist von der Digitalisierung überzeugt und plant langfristig auch BIM im Unternehmen einzuführen. Aber er weiß: „Um zukünftig auch BIM zu nutzen, wäre es erstmal notwendig, weitere Pilotprojekte in der internen Projektentwicklungs-Gesellschaft zu starten. Die Gesellschaft ist im Driver Seat und dort ist es leichter, eine solche Umstellung zu testen. Ziel wäre es dann, innerhalb von fünf Jahren komplett mit BIM zu arbeiten.“

Die Digitalisierungs-Strategie des Unternehmens

Bei allen Digitalisierungsmaßnahmen steht immer der Nutzen für das Unternehmen im Fokus. „Digitalisierung ist nicht als Selbstzweck zu betrachten, sondern als Mittel zum Zweck.“ Impulsgeber für den Transfer vom analogen zum digitalen Arbeiten kamen bei Schleiff sowohl von außen durch Auftraggeber und Projektpartner, wie auch betriebsintern von der Führungsebene. Die strategischen Ziele, die mit der Digitalisierung erreicht werden sollen, sind Effizienzsteigerung, Verbesserung der Planung und der Planungsqualität, mehr Datendurchgängigkeit sowie diw Verbesserung der internen und externen Kommunikation. Die Basis der Digitalisierungsstrategie bei Schleiff war zunächst einmal, die Prozesse im Unternehmen zu prüfen, denn nur wenn diese funktionieren, ist es sinnvoll, sie zu digitalisieren. Zwei strategische Zielrichtungen haben sich aus dieser Überlegung heraus in dem Unternehmen entwickelt: zum einen ist bisher analoges Datenmaterial in einem Dokumentenmanagementsystem (DMS) digital verfügbar und abrufbar; zum anderen soll die Kommunikation verbessert werden. Über Plattformen werden Informationen intern, auf Baustellen und an Partner schneller und vor allem synchroner weitergegeben. So können Planstände und Baustellen wirklich auch synchron gehalten werden.

Auto-CAD ist die gängige Software im Unternehmen. Mit dem beratenden Software-Haus wurde zudem eine firmenindividuelle Version entwickelt, sodass keine andere Software angeschafft werden musste.

Einbindung der Mitarbeiter

Um mehr Digitalisierung ins Unternehmen zu bringen, wurde zunächst ein Beispielprojekt bestimmt, das von 2D auf 3D umgestellt wurde. Ausgewählte Mitarbeiter wurden hierfür in Auto-CAD geschult. Die Mitarbeiter aus diesem Pilotprojekt waren somit Fachexperten und Key-User bei Schleiff. Die restlichen Kollegen zogen nach. Durch Role-Models wurden die Vorteile schnell erkannt und für alle umgesetzt.

Etablierung von Fachpromotoren

Administrative Prozesse liefen Jahrzehnte lang analog und papiergebunden ab, was sich durch die Digitalisierung drastisch bei Schleiff geändert hat. „Es ist die Aufgabe der Führungskräfte eines Unternehmens, als ‚Machtpromotoren‘ die Digitalisierung anzustoßen und mit den jüngeren Mitarbeitern als ‚Fachpromotoren‘ in die Realisierung zu gehen“, meint Herr Reifgerste. Die Führungsebene muss die Mitarbeiter mitnehmen, gleichzeitig sind aber auch die Mitarbeiter selbst gefordert, initiativ zu werden.

Regelmäßige Information und Kommunikation mit den Mitarbeitern

Die Belegschaft wird grundlegend auf die Digitalisierung vorbereitet: Es wird viel kommuniziert, die Vorteile des digitalen Transfers werden aufgezeigt und anhand von abgeschlossenen Entwicklungen dargestellt.

Die Kommunikationskanäle und -formen haben sich ebenfalls verändert, beispielsweise durch die Nutzung von Datenaustauschplattformen wie Dropbox und E-Mail oder Kollaborationstools wie Trello. Das Fax wird kaum noch eingesetzt. Projekträume werden vor allem in der Anfangsphase der Projektentwicklung genutzt. Dadurch gibt es zwar weniger direkte Kommunikation zu Beginn; das Gespräch ist am Ende des Projektes und bei direkten Anfragen aber nach wie vor wichtig.

IT-Kompetenzen systematisch aufbauen

Mit zunehmend mehr digitalisierten Prozessen sind IT-Kompetenzen immer mehr in den Fokus der Personalarbeit des Unternehmens gerückt. Diese Kompetenzen werden systematisch aufgebaut. Der Basisbedarf, der intern abgebildet werden soll, muss vor allem auf unternehmensspezifische Prozesse betriebsintern geschult werden. Beim Content und den Softwaretools werden externe Schulungen notwendig, da bei Schleiff bisher niemand über diese Kompetenzen verfügt. Auch Fernschulungen, beispielsweise Lernen über Video-Tutorials, sieht Ingo Reifgerste als gute Möglichkeit.

Überhaupt seien die IT-Kompetenzen in Ausbildung und Studium sehr wichtig geworden, meint Herr Reifgerste. Gelernt werden sollte in der Ausbildung an Modellen, die flexibel sind, allerdings nicht proprietär, sondern als Teil der generellen Ausbildung.

„Der BIM-Leitfaden des ZDB ist uns eine große Hilfe, vor allem um im Definitions-Wirrwarr durchzublicken. (...) Es gibt eine Unmenge von Schulungsangeboten, aber ohne Standards fällt es schwer, einen klaren Überblick zu behalten“, so der Geschäftsführer.

Hemmnisse und Chancen aus Unternehmenssicht

Die größten Hemmnisse bei der Einführung von BIM sieht er in der unzureichenden Standardisierung von Prozessen, im hohen Zeitaufwand und der hohen Komplexität für die Abläufe im Unternehmen sowie in der Unübersichtlichkeit der Schulungsangebote, in funktionalen Grenzen der Software, in den zu hohen Kosten für die Anschaffung von Hard- und Software sowie für die Mitarbeiterschulungen, aber auch in der Komplexität der Software hinsichtlich ihres Einsatzzwecks. Auch der notwendige Aufbau von Content stellte zusätzlich eine große Hürde dar.

Aus seiner Sicht können diese Hemmnisse durch mehr Referenzmodelle abgebaut werden. „Am besten wäre es, wenn die öffentliche Hand Referenzmodelle zur Verfügung stellen würde, das wäre optimal und würde helfen, dass mehr Unternehmen BIM nutzen. Voraussetzung wäre natürlich, dass diese Modelle kostenfrei seien. (...) BIM wird mehr Effizienz durch weniger Fehler bei der Planung durch Visualisierung und durch Kollisionsprüfung bringen“, da ist sich Ingo Reifgerste sicher.

Er ist davon überzeugt, dass BIM das Image der Bauwirtschaft positiv verändern wird. Moderne Arbeitsplätze und Aufgabenstellungen steigern die Arbeitgeberattraktivität. Da zeit- und ortsunabhängig gearbeitet wird, wird die Branche auch für Frauen attraktiver.

Tipps für andere Bauunternehmen

Die Digitalisierung hat nach Angaben des Geschäftsführers die größten Auswirkungen auf die Planung im Unternehmen. „Die frühe Bauphase ist die entscheidende, hier werden die Weichen für den Erfolg eines Projekts gestellt. Wenn hier konkret auf den Punkt gebracht werden könnte, welche Informationen am Tag X auf der Baustelle verfügbar sein müssen, wäre das schon ein echter Erfolg“, so Reifgerste.

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