Glöckle mit Hauptverwaltung in Schweinfurt und ca. 450 Mitarbeitern ist ein deutschlandweit agierendes, familiengeführtes mittelständisches Bauunternehmen. Das Leistungsprofil umfasst Projektentwicklung, Schlüsselfertigbau, Hochbau/ Ingenieurbau, Tiefbau/Straßenbau, Stahlbeton/ Fertigteile, Baustoffe/ Baustoffwerke, Bauen im Bestand/ Bauwerksabdichtung sowie Feuchtigkeits- und Schimmelsanierung.

Das versteht die Glöckle Holding GmbH unter Digitalisierung

Vier zentrale Hebel sind bei Glöckle entscheidend für die digitale Transformation:

  1. der Umgang mit den digitalen Daten (elektronische Erhebung, Auswertung und Nutzung von Daten),
  2. die Automation (Einsatz neuer Technologien schafft autonom arbeitende, sich selbst organisierende Systeme),
  3. die Netzwerke (Vernetzung und Synchronisation von bislang voneinander getrennten Aktivitäten) und
  4. der digitale Zugang (mobiler Zugriff auf das Internet und interne Netze).

Die größte Priorität haben zu Beginn die Netzwerke. Das Unternehmen will dabei bisher getrennte Aktivitäten verschiedener Gesellschaften und Angebote über die gesamte Wertschöpfungskette miteinander vernetzen können. Vor allem die Prozesse der Planung und Arbeitsvorbereitung in den einzelnen Gesellschaften sollen durch die Datendurchgängigkeit und -mehrfachnutzung deutlich verbessert werden. Dadurch sollen dann frühzeitig Fehlerquellen vermieden und Zeit für mehr inhaltliche und fachliche Arbeitsvorgänge eingespart werden.

Die Digitalisierungsstrategie des Baumittelständlers

BIM, konkret little BIM, ist bei dem bayerischen Baumittelständler Ausgangspunkt seiner Digitalisierungsstrategie. Der strategische Impuls dazu kam aus der Mitarbeiterebene, da im Kalkulationsbereich nach Lösungen für eine schnellere Kalkulation gesucht wurde.
Seit zirka fünf Jahren wird zu jeder Kalkulationsaufgabe ein 3D-Modell mittels Autodesk Revit erstellt, das zur Massenermittlung, zur Bemusterung und zur Plausibilitätsprüfung genutzt wird. Zur Kalkulation wird das Modell in RIB iTwo übergeben.

Inzwischen werden die Modelle bei Auftragseingang für die Arbeitsvorbereitung auch von anderen Abteilungen im Haus weiterbearbeitet. Das Modell wird fortgeschrieben, zum einen um die Massen für die Positionen in den Ausschreibungen zu erhalten und zum anderen, um die einzelnen Taktbereiche festlegen zu können, damit die Baustelle später nach LEAN-ausgetaktet abgewickelt werden kann.

4D und 5D, also Zeiten und Kosten, stecken bei Glöckle noch in den Kinderschuhen, stehen aber auf der Agenda des Digitalisierungsprozesses weit oben. Qualitätsmanagement und Mängelmanagement, sowohl bei der Ausführung als auch nach der Abnahme, hat das Unternehmen mit der Software DocmaMM von EDR organisiert, die auch App-basiert funktioniert und genutzt wird. Hier werden Mängel einschließlich entsprechender Fotos und sämtlicher Schriftverkehr an Plänen verortet.

Das komplette Rechnungswesen wird über einen digitalen Workflow abgewickelt, in dem Dokumente wie Abnahmeprotokolle, Schlussrechnungsvereinbarungen, Nachunternehmerbewertungen et cetera angehängt werden.

Der zentrale Einkauf erfolgt ebenfalls papierlos am Bildschirm über ein Tablet. Die Unterlagen (Verhandlungsprotokoll, Auftragsleistungsverzeichnis und Vertrag) werden digital abgelegt und ausgetauscht. Weitere digitale Anwendungen, die zurzeit aber lediglich als Satelliten punktuell die Arbeit erleichtern und beschleunigen, sind:

  • tachymetrische Vermessung,
  • GPS-Steuerung der Tiefbaugeräte,
  • BPO Asphalt (Volz Consulting) zur Arbeitsvorbereitung, Organisation der Abwicklung und Auswertung der Asphaltbaustellen,
  • Bauhofmanagement über Barcode – basiertes Buchen sämtlicher Vorgänge,
  • digitale Arbeitszeiterfassung (ZMI) sowie
  • Concremote von DOKA zur Optimierung von Ausschalfristen und damit zur Reduzierung von Schalungswarenwerten auf der Baustelle.

Das sind die Hemmnisse und Chancen aus Sicht von Glöckle

Der hohe Zeitaufwand, die hohen Kosten für die Schulung von Mitarbeitern sowie Probleme bei der Dokumentation des In- und Outputs der Prozesse stellen die Hauptprobleme bei der Einführung der Digitalisierung, speziell von little BIM, dar.
Ein Teil der Hemmnisse wird zum Beispiel über die Kooperation mit der Bergischen Universität Wuppertal, Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft, abgebaut. Aber auch der Austausch mit anderen mittelständischen Bauunternehmen und in extern organisierten Arbeitskreisen ist eine gute Hilfe bei der Einführung der digitalen Methode. Anhand des QM-Handbuchs von Glöckle und Interviews mit Mitarbeitern, wurden sämtliche Informationen aufgenommen. In- und Output der Prozesse im Schlüsselfertigbau und in der Holding für baubegleitende Dienstleistungen (Einkauf, Finanz- und  Betriebsbuchhaltung, Personalwesen und IT-Support) wurden so identifiziert und dokumentiert.

So werden die Mitarbeiter in den Transformationsprozess eingebunden

Die Mitarbeiter wurden und werden natürlich in den Transformationsprozess eingebunden. Anfangs gab es Schulungsmaßnahmen für kleinere Mitarbeiterkreise aber auch Neueinstellungen. Die neuen Kollegen haben ebenfalls gleich an den Schulungsprogrammen für digitale Methoden teilgenommen. Dieses Vorgehen hat bei den Mitarbeitern nicht nur zum besseren Verständnis beigetragen, sondern sie auch besonders motiviert. Die Glöckle Holding GmbH nutzte im Verlauf des Transformationsprozesses im Wesentlichen folgende Angebote der Aus- und Weiterbildung, um ihren Mitarbeitern die notwendigen Kompetenzen im Bereich BIM zu vermitteln:

  • Softwareschulung REVIT,
  • iTwo Schulungen,
  • BIM-Weiterbildungen der Bergischen Universität Wuppertal,
  • Informationsveranstaltungen, beispielsweise vom VDI,
  • Arbeitsgruppe “Lean & BIM“ (in Eigenregie von vier Unternehmen) und
  • kostenfreie Präsentationen von Softwareanbietern,
  • Mitgliedschaften im GLCI und DGNB sowie
  • Teilnahme an IFA-Arbeitskreisen.

Tipps für andere Bauunternehmen vom Geschäftsführer Dipl.-Ing. Bernd Supthuts

Die Digitalisierung des Unternehmens ist immer noch in der Entwicklung, trotzdem sind bereits erste Erfolge durch die Digitalisierung erkennbar. Denn eines steht für Herrn Supthut fest: „Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten.“ Langfristig werden durch sie materielle und vor allem personelle Ressourcen geschont werden.
Bauunternehmen können beziehungsweise sollten keine fertigen „Digitalisierungspakete“ kaufen, sondern müssen ihre individuellen Ansätze und Lösungen finden, um sie an ihre betriebsspezifischen Bedarfe und auch Rahmenbedingungen anzupassen.

Professionelle Unterstützung bei der Digitalisierung und der damit einhergehenden Prozessoptimierung ist ratsam.

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